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Freitag, 07.03.2008 | 19:00 Uhr

KINO"IMPORT EXPORT"Ulrich Seidl, Ö 2007, 135 min, OmU

Es ist kalt und grau. Winterzeit. Die Menschen frieren. Das ist so in Österreich. Das ist so in der Ukraine. Zwei verschiedene Welten, die einander immer mehr zu ähneln beginnen. Der Osten sieht aus wie der Westen, der Westen wie der Osten. In dieser Atmosphäre spielen zwei Geschichten, die auf den ersten Blick nichts miteinander zu tun haben. Die eine ist eine Import-Geschichte, beginnt in der Ukraine und führt nach Österreich. Olga, Krankenschwester und Mutter, will was haben vom Leben und beschließt nach Österreich zu gehen. Im fremden Land im Westen findet sie Arbeit, verliert sie wieder und endet als Putzfrau in der Geriatrie.
Die andere Geschichte handelt von einem jungen Österreicher, Pauli. Endlich Security-Wachmann geworden, verliert er seinen Job schon wieder, hat Schulden und macht neue – auch bei seinem Stiefvater. Der nimmt ihn mit in die Ukraine zum Spielautomaten aufstellen.
Olga und Pauli. Beide suchen Arbeit, einen Neubeginn, eine Existenz, das Leben. Für Olga ist existenzielle Armut an der Tagesordnung. Für Pauli bedeutet Arbeitslosigkeit zumindest Sinnkrise und Nutzlosigkeit. Beide kämpfen um den Glauben an sich, um einen Sinn im Leben. Beide reisen in ein anderes Land und damit auch in dessen Abgründe. Und daher handelt „Import Export“ von Sex und Tod, Leben und Sterben, Siegern und Verlierern, Macht und Hilflosigkeit.

„Import Export“ ist Ulrich Seidls zweiter Spielfilm nach „Hundstage“. Seit seiner internationalen Premiere in Cannes 2007 wurde der Film in 20 Länder verkauft und zu 45 Festivals weltweit eingeladen.

Import Export war ein anstrengendes Projekt: In der Ukraine haben Sie bei Minus 30 Grad gedreht, in Österreich unter Sterbenden. Geht das an die Grenze der Belastbarkeit oder ist das Normalbedingung?
Seidl: Jeder Film hat eigene Gesetze und kaum einer fliegt mir zu. Aber äußere Bedingungen schrecken mich selten ab. Ich glaube, dass intensive und extreme Szenen und Bilder immer auch unter extremen und intensiven Bedingungen entstehen.

Import Export ist ein Spielfilm, der so inszeniert ist, dass er stellenweise extrem dokumentarisch wirkt...
Seidl: Er ist in dem Sinn dokumentarischer als „Hundstage“, als er zu einem beträchtlichen Teil in wirklichen, also dokumentarischen, öffentlichen Räumen und Welten gedreht wurde. Also in wirklichen Spitälern, wirklichen Arbeitsämtern, wirklichen Sex-Agenturen oder geriatrischen Anstalten.

Sie sind keineswegs der klassische, sozialkritische Filmemacher. Sie zeigen. Sie bewerten nicht.
Seidl: Ich will die Leute im Kino nicht nur unterhalten, sondern sie berühren, wenn nicht sogar verstören. Ich übe mit meinen Filmen Kritik, nicht am einzelnen Menschen, sondern an der Gesellschaft. Und ich habe eine Vision von einem würdigen Leben. ... Ich will, dass die Menschen im Kino auf sich selbst zurückgeworfen werden. Ich habe keine Ideologie zu einer Verbesserung der Welt. Es geht nie darum, den Einzelnen zu bewerten. Ich versuche, einen ungeschönten Blick auf das Leben zu werfen. Ich glaube, dass die Realität uns alle betrifft, unsere Ängste und unsere Sehnsüchte: Die Angst vor dem Tod und die Sehnsucht nach Liebe.


Man muss sich als Zuseher bewusst sein, dass „Import Export“ Realität ungeschönt abbildet:  sexuelle Erniedrigung, brutale Gewalt und banale Gehässsigkeit in fast unerträglich  langen Kamera-Einstellungen. Diesen düsteren Bildern „stellt Seidl erstaunliche Gesten des Mitgefühls gegenüber. Import Export ist ein großer Film eines grimmigen Humanisten“. (Die Presse)


„Atemberaubend ist der Humor ... und die Menschlichkeit, die sich in den unerwartetsten Momenten plötzlich Bahn bricht – als müsse dieser Filmemacher, der nunmehr in die Riege der großen Meister aufgerückt ist, nur lange genug dorthin schauen, wo sonst niemand mehr hinblickt, um eine gänzlich eigenwillige Form der Schönheit und Wahrheit zu finden.“

Ulrich Seidl kann leider nicht zum ursprünglich geplanten Gespräch nach Goldegg kommen!

 

  • KINO"IMPORT EXPORT"Ulrich Seidl, Ö 2007, 135 min, OmU-
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