Zum Hauptinhalt springen

Bodo Hell - eine Erinnerung

Autor und Alpenhirt, lebte in Wien und am Dachstein
„Textfläche ist Weidefläche, Weidefläche ist Textfläche“ 

Vielleicht haben Sie das ausufernde Fest zum 60. Geburtstag von Bodo Hell im Schloss miterlebt. Kaum zu glauben: es war vor 22 Jahren, am 15. März 2003. Rund 25 Akteure aus Literatur, Musik und bildender Kunst und seine Ramsauer Almbauern versammelten sich in der Dachhalle, um ihn hochleben zu lassen. Als Zeichen der Ver­bunden­heit wurde er damals zum Ehrenmitglied des Kulturvereins ernannt. 

Bereits 1997 war Bodo mit einem Beitrag bei der Ausstellung „Herzlich willkommen – Rituale der Gastlichkeit“ vertreten. „Einmal Gast sein, nicht immer nur sich selbst bewirten“ lautete eine markante Textzeile seiner Lichtinstallation, die sich in das Gedächtnis eingeschrieben hat. Über dreißig Jahre war Bodo Hell mit unterschiedlichsten Programmen und Bühnenpartnern in unserem Veranstaltungsprogramm vertreten. Ob mit dem Trio Inflagranti, mit Broadlahn, Hil de Gard, Norbert Trummer, Fritz Moßhammer, Suyang Kim, Georg Vogel, Othmar Schmiderer oder Andrea Nießner, als Eröffnungsredner bei der Ausstellung von Ines Höllwarth und als Festredner anlässlich 20 Jahre Kulturverein SCHLOSS GOLDEGG, oder mit Renate Welsh in einer Schreibwerkstatt, aus der das Buch „Frost: relaunched – Wissen lenkt vom Wissen ab, wissen Sie!“ entstanden ist: immer war eine Begegnung mit Bodo voller Überraschungen. 

Dass seine Text-Raum-Installation zu den 42. Goldegger  Dialogen, betitelt mit „nicht Hochmut nicht Kleinmut“, und der Eröffnungsauftritt mit Peter Angerer sein letzter sein würde, ist auch nach Monaten der Gewissheit, dass er von seinem geliebten Dachstein zu sich genommen wurde, schwer zu akzeptieren. 

Wer Bodo Hell kannte, weiß es: Bodo war rastlos, aber nie ratlos. Seine Energie, seine AuftrittsLust und seine überbordende Textproduktion, sein umfassendes Wissen und seine grenzenlose Neugier waren sein Markenzeichen. „Begabte Bäume“, so der Titel seines letzten Buches, führt, wie viele andere seiner Bücher, eindrücklich vor Augen, wie sehr Bodo mit der ihn umgebenden Natur vertraut war und wie wertschätzend er ihr gegenüber war. Wer ihn jemals im Sommer auf der Alm besucht hat, weiß um seine Zuneigung, die er den ihm anvertrauten Tieren entgegenbrachte. Die Hühner hatten Namen, und sein Lieblingstier, die Ziege, wäre wohl sein Wappentier gewesen. 

Seit 9. August 2024 ist Bodo Hell vemisst. Verschollen in jener Weltgegend, die er immer als seine Heimat bezeichnete. Dass er seinen 45. AlmSommer nicht abschließen konnte, lässt sich auch poetologisch lesen: Bodo Hell bleibt am Dachstein. Ein außergewöhnlicher Literat, ein unvergleichlicher Mensch und Freund ist uns verloren gegangen. Doch die Erinnerung an ihn ist Hell wach!           

Heinz Kaiser & Theresia Kaiser-Gruber

Jahresthema 2026

REGENERATIV - für eine neue Weltbeziehung

Jahresthema 2026
REGENERATIV – für eine neue Weltbeziehung

„regenerativ“ bzw. das Substantiv Regeneration reiht sich ein in eine Liste von Schlagwörtern, die für unsere aktuell unübersichtliche bis lebens- und weltbedrohliche Lage eine optimistische Antwort versprechen. Martin Grassberger, Referent bei den vergangenen 43. Goldegger Dialogen, betitelte sein neues Buch so und meint, das neue Paradigma – also die neue grund- sätzliche Denkweise – sollte „regenerativ“ lauten. Die Prozesse und Prinzipien der Natur seien uns Vorbild bei der Lösungsfindung.

Vielleicht haben Sie unsere Ausstellung von Oliver Ressler im Oktober 2025 erlebt. „Ways to Turn a Burning World Around“ lautete der zweideutige Titel. Einerseits apokalytisch – denn welche, wenn nicht unsere Welt sollte gemeint sein, die brennt. Andererseits mit der positiven Ergänzung, es gäbe Wege, diesem Weltuntergangs-Szenario entgegen zu wirken. Resslers Ausstellung, der Titel und seine Arbeiten, könnte nicht passender sein. Denn trotz des Pessimismus, dem man sich schwer erwehren kann, sind wir dazu verpflichtet, auf Möglichkeiten zu setzen, die brennenden Fragen unserer Zeit zu lösen. Einen möglichen Weg aus dem sich abzeichnenden Desaster sieht er im zivilen Ungehorsam und führt dies in einem Video vor Augen, in dem Baumbesetzer einen Teil des Hambacher Forstes (ein Urwald in der Nähe von Köln) retten konn- ten. Dass diese Ausstellung von mir als „kleine Sensation“ bezeichnet wurde – Oliver Ressler ist ein international tätiger Künstler, der auf vielen Biennalen vertreten war –, wurde erfreulicherweise auch von der Presse bestätigt.

Apropos ziviler Ungehorsam. Der Soziologe Hartmut Rosa – von ihm stammt der Begriff „Weltbeziehung“ – plädiert auf seine Art für Widerstand. In einem Standard-Interview (25. Okt. 2025) meinte er, wir müssten anfangen, uns gelegentlich über Vorschriften hinwegzusetzen. Heutzutage gibt es für alles eine Vorschrift oder eine Anleitung. Es sei an der Zeit, sich Spielräume zurückzuerobern.

Im Genre des KINOs lässt sich der Aufruf bzw. die Notwendigkeit für eine neue Weltbeziehung gut nachvollziehen. Die Weihnachts-Komödie „Wie kommen wir da wieder raus?“ setzt auf die Spielarten des Humors, der Film für die Familie „Die Abenteuer von Kina & Yuk“ bringt das Klimadesaster mit den Mitteln des Tierfilms auf den Punkt, um dann doch noch zu einem Happy End zu finden, und die zwei aktuellen Filme „Die letzte Botschafterin“ und „Noch lange keine Lipizzaner“ zeigen kaum zu glaubende Absurditäten des politischen Alltags auf. Im erstgenann- ten geht es um die Stellung der Frau in Afghanistan nach der übernahme der Taliban im Jahr 2021 und um die bizarre Situation, in der sich die afghanische Botschafterin heute befindet. Im zweitgenannten Film zeigt die Regisseurin Olga Kosanovic auf, wie schwer es ist, die österreichi- sche Staatsbürgerschaft zu erhalten. Die Einbürgerung, ein Unterfangen voller Abgründe und Tücken.

Was ist wahr, was ist falsch, was ist Illusion? Illusionist Philipp Oberlohr – sein Auftritt 2019 ist unvergesslich – und all die anderen Auftretenden sorgen hoffentlich für ein sinnstiftendes, regene- ratives Erlebnis, einer guten Weltbeziehung förderlich.

Heinz Kaiser, künstlerischer Leiter

 

-->